26.01.2011
Hart an der Grenze des technisch Machbaren bewegte sich ein Schlauchlining-Sanierungsvorhaben im Dezember 2010 in Hainburg/Main. Ein akut Einsturz-gefährdeter Regenwassersammler DN 800 wurde über 180 Meter Länge von der Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung durch Schlauchlining mit dem Berolina Liner-System für eine Restnutzungsdauer von 15 Jahren ertüchtigt.
Im Zuge der Sanierung des Kanalnetzes
von Hainburg/Main kam dem Auslasskanal des Regenüberlaufbauwerkes in der
Böhnsgasse im Ortsteil Hainstadt eine besondere Bedeutung zu. Der
Betonkanal DN 800 ist ein wichtiges hydraulisches Ventil des Hainburger
Mischwassernetzes und leitet das überlaufende Wasser seit Jahrzehnten am
Ende der Böhnsgasse in den Main. Funktionsfähigkeit und pure Existenz
dieses wichtigen Kanals waren in Frage gestellt, seit man die letzten
Inspektionsergebnisse aus diesem Kanal kannte.
Das Betonrohr wies in nahezu ganzer Länge Schäden auf, die mit
„dramatisch“ nicht übertrieben charakterisiert sind. Dominierendes
Schadensbild in dem bis zu 7 Meter tief liegenden Rohr waren Risse mit
teilweiser Deformation. Ein Befund, der streng genommen, nur durch
Neubau zu beheben gewesen wäre.
Dagegen jedoch sprachen zwei Aspekte. Zum einen ist nach dem Hainburger
Abwasserbeseitigungskonzept mittelfristig eine komplette
Neustrukturierung des Netzes geplant, in deren Verlauf die Kanaltrasse
in der Böhnsgasse aufgegeben wird.
Ein Neubau für inzwischen absehbare ca. 15 Jahre Restnutzungsdauer war
indiskutabel, zumal er in der Böhnsgasse in offener Bauweise auch gar
nicht hätte durchgeführt werden können.
Bei der Tieflage des Rohrs hätte ein Rohrgraben die gesamte
Straßenbreite eingenommen, ein huckepack liegender weiterer Kanal hätte
ebenfalls aufgenommen und neu verlegt werden müssen.
Ein Verbau für einen solchen Graben war ohnehin in dieser Örtlichkeit
unmöglich herzustellen, ohne die anliegenden Gebäude aufs Spiel zu
setzen. Also galt es, eine praktikable No-Dig-Lösung zu finden, mit der
eine weitere Nutzung für weitere 15 Jahre technisch sicher gestellt
werden konnte.
Die Gemeindewerke Hainburg und das von
ihnen beauftragte Ingenieurbüro Schäfer, Dreieich, waren sich schnell
einig, dass dieser Herausforderung, wenn überhaupt, nur durch ein
modernes Schlauchlining-Verfahren und einen erfahrenen Anwender
erfolgreich zu begegnen war. In der Verfahrens-neutralen Ausschreibung
setzte sich dann die Niederlassung Landsberg der Swietelsky-Faber
Kanalsanierung GmbH durch.
Ihr Gebot stützte sich auf den Einbau eines Licht-härtenden
Glasfaserliners des Berolina Liner Systems. Im Zuge der
Sanierungsvorbereitung wartete auf das
Unternehmen dann jedoch eine unangenehme Überraschung: Bei genauer
Betrachtung und Kalibrierung stellten sich die Schäden als weitaus
weiter fortgeschritten dar, als es der Planung und Ausschreibung
zugrunde lag. In Teilstrecken hatten die Gelenkrisse (bereits) zu einer
Verformung des Kanal bis zu 30 % geführt.
Aufgrund einer Annahme von 1,50 Meter
maximaler, kurzfristiger Grundwasserlast (aufgrund zeitnaher
Korrespondenz des gut durchlässigen Grundwasserleiters mit dem
Wasserstand des Mains) auf dem Kanal und angesichts der vorgegebenen
Restnutzungsdauer von 15 Jahren ließ es sich nach Ansicht von Betreibern
und Ingenieurbüro vertreten, den Kanal trotz seiner grenzwertigen
Schäden als Altrohrzustand II gemäß DWA A 127 einzustufen, was die Tür
zu einer Sanierung öffnete. Allerdings wurden die statischen Vorgaben
mit entsprechenden Sicherheiten ausgelegt. Auf dieser Grundlage erhielt
im Zuge eines Nachtragsangebotes zur Ausschreibung die Niederlassung
Landsberg der Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung den Auftrag zur
Sanierung des Regenwassersammlers von der Kreuzung
Böhnsgasse/Hauptstraße bis zur Einmündung in den Main durch Einbau von
GFK-Linern in einer den jeweiligen statischen Erfordernissen
entsprechenden Wandstärke.
Der erste Bauabschnitt renovierte im Sommer 2010 die letzte Haltung
einschließlich des unmittelbaren Mündungsbereichs in den Main.
Hier kam erschwerend zum Tragen, dass der Auslauf des Rohrs -je nach
Wasserstand des Mains- fast immer unter teilweisem Einstau steht.
Dennoch gelang es in einer Niedrigwasserphase, den Liner innerhalb eines
Arbeitstages erfolgreich einzuziehen, aufzukalibrieren und per UV-Licht
auszuhärten. Im weiteren arbeitete man sich dann quasi „die Trasse
hinauf“, bis Anfang Dezember 2010 die mit 62 Metern längste
Einzelhaltung am oberen Ende der Böhnsgasse zur Sanierung anstand.
Eine problematische Randbedingung war hier, dass einer der beiden
Endschächte der Haltung mitten auf der meistbefahrenen Verkehrskreuzung
von Hainstadt liegt, allerdings glücklicherweise im „toten Winkel“
zwischen Geradeaus- und Abbiegespuren.: Genug Platz um unter
entsprechender Baustellensicherung den Schacht zu öffnen und einen
Pritschen-Transporter mit dem Schlauchliner dort für die 90 Minuten zu
platzieren, die das Einziehen des Liners in die Böhnsgasse hinein in
Anspruch nahm.
Ganz bewusst wählte man diese Arbeitsrichtung, um das wesentlich größere
Lichthärtungsfahrzeug während der ca. 10stündigen Aushärtungsphase in
der Gasse statt im Verkehrsraum der stark befahrenen Kreuzung aufstellen
zu können.
Dem herkömmlichen Einbau eines
Berolina-Liners geht eigentlich voraus, dass man in die Sohle des Kanals
eine Kunststofffolie als schützende, die Reibung reduzierende
Halbschale einzieht. In Hainburg sah man dies aber wegen der auch in
Kämpfern und Scheitel ausgeprägten Scherbenbildung als nicht ausreichend
an.
Eine vorangehende „Entschärfung“ der Scherben per Roboter, wie man sie
sonst in solchen Fällen vornimmt, erschien angesichts des Schadenbildes
als zu riskant: wäre eine Scherbe dabei in den Kanal gefallen, hätte
dies das gesamte grabenlose Sanierungskonzept in Frage gestellt. Also
zog man einen regelrechten Pre-Liner ein: dieser 1,8 Millimeter starke
Kunststoffschlauch wurde im defekten Rohr aufgeblasen, bevor man
schließlich den eigentlichen, mit einer lichtdichten Außenfolie
kaschierten Liner hindurch zog.
Beiderseits mit Drucktöpfen verschlossen, wurde der GFK-Schlauch dann per Druckluft formschlüssig im Rohr aufgestellt.
Unterdessen unterzog man den UV-Lampenzug einer letzten
Funktionsprüfung, bevor man ihn über den kurzzeitig geöffneten Drucktopf
in den aufgestellten Liner einsetzte und bis zum Gegenschacht zog. Eine
Frontkamera des Lampenzuges dokumentierte auf diesem Weg den
Einbauzustand des unter Luftdruck stehenden Liners – Unregelmäßigkeiten
hätten so rechtzeitig erkannt und korrigiert werden können. In der
Gegenrichtung, zurück zum UV-Einsatzfahrzeug, erfolgte die eigentliche
Aushärtung. Dazu wurde der Lampenzug mit vier Elementen zu je 1200 W mit
einer Geschwindigkeit von exakt 10 Zentimetern pro Minute durch den
Harz-getränkten Schlauch gezogen.
Die Kombination von Strahlungsintensität und Fahrtgeschwindigkeit hängt
jeweils von Nennweite und Wandstärke des Liners ab und gewährleistet
dessen durchgängige Aushärtung, erkennbar an einem minimierten
Reststyrolgehalt und Einhaltung der statischen Vorgaben im Rahmen der
labortechnischen Fremdüberwachung.
Die Aushärtung des 62-Meter-Liners DN 800 in der Böhnsgasse dauerte auf diese Weise rund 10 Stunden, dafür war der Kanal unmittelbar nach Aushärtung und Entfernen der Liner-Enden in den Schächten wieder einsatzbereit. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projektes sind alle Beteiligten zuversichtlich, dass der per Schlauchlining grabenlos „gerettete“ Regenwassersammler die ihm zugedachte Rest-Existenz von 15 Jahren auch tatsächlich problemlos durchstehen wird.
Kontakt
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