25.02.2022
Östlich von Hamburg, auf dem Elbe-Lübeck-Kanal, befinden sich historische Kulturgüter des Bauingenieurwesens: Schiffsschleusen, 1897-1899 erbaut nach dem Hotopp-Prinzip. Benannt nach Bauinspektor Ludwig Hotopp machen sich diese hydrodynamisch die Wasserkraft für den Antrieb der Tore sowie das Befüllen und Entleeren der Kammer zunutze – ganz ohne elektrische Antriebe. Doch der Zahn der Zeit macht auch vor diesen cleveren Bauwerken nicht Halt.
So wiesen die Schleusen Witzeeze und Behlendorf, die
im Juni 1900 in Betrieb gingen, mittlerweile Risse und Undichtigkeiten in ihren
bis zu 80 m langen Füllrohren für die Saugglocken auf. Zugleich sind die
Schleusen ein wichtiger Teil der Binnenschifffahrt in Schleswig-Holstein, und
so wäre jeder Tag Ausfall mit hohen Kosten verbunden. Es brauchte also eine
schnelle grabenlose Rohrsanierung der besonderen Art, der sich Dimitri
Bezmenov, Niederlassungsleiter der Swietelsky-Faber GmbH in Hamburg, und sein
Team annahmen.
Fehlende Kennzahlen beim historischen Bauwerk
Bei der Planung der Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten fand sich das Wasserstraßen- und Schiffahrtsamt Elbe, das die zwei Baustellen verantwortet, bereits mit einem Problem konfrontiert: Bedingt durch das hohe Alter der Schleusen fehlten die Angaben zu Zustand, Nennweite und Länge der Leitungen. „Uns standen lediglich die ca. 120 Jahre alten Baupläne zur Verfügung. Das ist zwar besser als nix, aber Durchmesser und Länge blieben eine große Unbekannte“, beschreibt Dimitri Bezmenov die Ausgangslage.
Aktuelle Ausschreibung
Doch aus der Fassung ließ sich der Hanseat nicht bringen: „Ich sag: Komm, nich‘ lang schnacken, sondern wir holen jetzt das Material in verschiedenen Dimensionen ran und schauen, was wir davon tatsächlich brauchen. Die Liner konfektionieren und imprägnieren wir dann vor Ort.“ Gesagt, getan.
2 Schleusen, 120 Jahre Betrieb, jeweils 5 Tage Zeit
Verglichen mit anderen Wasserrouten in Norddeutschland ist der eher schmale Elbe-Lübeck-Kanal vielleicht keine Pulsader der Containerschifffahrt. Dennoch passieren etwa 2.500 Güterschiffe mit 1 Mio. Ladungstonnen sowie 5.000 Sportboote jährlich den etwa 65 Kilometer langen Kanal. Um die Behinderung der Binnenschifffahrt möglichst gering zu halten, wurde für die Sanierung der Leitungen ein Zeitfenster von maximal fünf Tagen zur Verfügung gestellt.
In dieser knapp bemessenen Zeit galt es nun, die Schiffsschleusen außer Betrieb zu nehmen, zu entleeren und mithilfe der Baupläne die Länge und Dimensionen der Füllrohre aus Ton zu ermitteln. Danach konnten die vorbereitenden Arbeiten losgehen: Die Profis von Swietelsky-Faber beseitigten Ablagerungen, bauten Schieber aus und reinigten die Rohrleitungen, um anschließend den Sanierungsprozess einleiten zu können. Hierfür kamen Synthesefaser-Schlauchliner zum Einsatz, die vor Ort konfektioniert, imprägniert und in die 120 Jahre alten Tonrohre eingebaut wurden. Das Ergebnis: Ein angepasstes, dichtes und gehärtetes „Rohr im Rohr“, das die Schleusen noch viele weitere Jahrzehnte in Betrieb halten wird – in Witzeeze wie in Behlendorf.
Logistisch wie technisch war diese Aufgabenstellung sicherlich eine Herausforderung – der sich das Hamburger Team aber mit Bravour stellen und die Sanierung fachgerecht durchführen konnte. Auch die vorgegebene Zeit wurde eingehalten. Oder wie Bezmenov es augenzwinkernd zusammenfasst: „Mit nur fünf Tagen war der Kanal einen Tag kürzer stillgelegt als der Suez-Kanal im Frühjahr neulich. Das ist doch mal ein Erfolg.“
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