01.12.2016
Angekündigt war ein Weihnachtsgeschenk, an das niemand
glaubte: Am 23. Dezember sollte die Sanierung des früheren Hauptsammlers Nord
in Kassel abgeschlossen und die Baustelle verschwunden sein. Tatsächlich fiel
das Weihnachtsgeschenk aus: Schon Anfang November nämlich konnten die Anwohner
der am stärksten betroffenen Magazin- und Gartenstraße ihre Straße – und vor
allem die Parkplätze! – wieder nutzen; der Abschnitt Weserstraße wurde Anfang
Dezember fertig.
Verantwortlich für die Sanierung in Rekordzeit war die Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung, Niederlassung Blomberg/Kassel. Der Marktführer bei Inliner-Verfahren hatte sich in der öffentlichen Ausschreibung für die Großprofilsanierung bei KASSELWASSER gegen sechs Mitbewerber durchgesetzt.
Zu sanieren war ein etwa 600 Meter langes Teilstück des alten Hauptsammlers Nord. Der alte Mauerwerkskanal mit Eiprofil 1200/1800 stammt aus dem Jahr 1896. Mit Ausnahme von zwei stark geschädigten Haltungen war die 120 Jahre alte deutsche Wertarbeit zwar noch gut in Schuss, aber hydraulisch nicht mehr ausgelastet. In den 1970ern ging ein neuer Hauptkanal in Betrieb und der alte Hauptsammler Nord wurde zum Nebensammler „degradiert“. Seitdem fließt deutlich weniger Abwasser durch den Mischwasserkanal. Zudem hatte der Kanal nur ein schwaches Gefälle, teilweise auch Gegengefälle, was die Menge der Ablagerungen erhöhte. Sinkender Wasserverbrauch und ein entsprechend reduzierter Durchsatz verstärkten das Problem.
Kernaufgaben waren
„Tempo, Tempo“ – Baustellen im Wohngebiet als besondere Herausforderung
‚Grabenlose Kanalsanierung’ heißt bekanntlich nicht ‚keine Baustelle’: Deshalb war ‚Geschwindigkeit’ eine besondere Herausforderung: Die Weserstraße ist eine vierspurige Hauptverkehrsstraße mit Straßenbahn; der südlich davon liegende Teil der Magazinstraße und die Gartenstraße sind Wohnstraßen. Im gesamten Gebiet sind Parkplätze extrem knapp.
Jetzt mussten die Schachtdecken abgenommen und die Baugrube für den späteren Neubauschacht ausgehoben werden. Für Material und Maschinen mussten ein Großteil der Magazinstraße und ein Teil der Gartenstraße gesperrt werden.
Kreative Ablaufoptimierung von Swietelsky-Faber
Um das selbstgesetzte und hochgesteckte Ziel „Fertigstellung
drei Wochen vor Plan“ zu erreichen, setzten die Mitarbeiter der
verantwortlichen Niederlassung Blomberg von Swietelsky-Faber darauf, den Ablauf
zu optimieren:
KASSELWASSER stimmte den Vorschlägen von Swietelsky-Faber zu. Bernd Schäfer, stellvertretender Leiter der Niederlassung Blomberg und verantwortlicher Projektleiter: „Es ist großartig, gemeinsam mit dem Auftraggeber durch Veränderungen im Bauablauf die Belastung der Anwohner reduzieren zu können.“
Vor Beginn der eigentlichen Arbeiten und dem Aufbau der Wasserhaltung wurden am Startschacht und Endschacht wasserdichte Abmauerungen eingebaut. Im Startschacht liegt der Ablauf des Altkanals: Hier galt es zu vermeiden, dass Abwässer aus dem großen Sammler in den zu sanierenden Schacht gelangen. Beim Endschacht musste mit einem Rückstau aus der Kläranlage gerechnet werden.
Die von Pumpen betriebene externe Wasserhaltung wurde überirdisch ausgeführt: Teilweise am Boden liegend, meist jedoch über Strecken von insgesamt 360 Metern in 4,50 Meter Höhe aufgeständert. Die interne Wasserhaltung lief über Rohre DN 150 links und rechts in den Kanälen. „Nur beim Waschsalon am Katzensprung haben wir sicherheitshalber in ein 300er Rohr abgeleitet; das hatten wir gleich in die Abmauerung eingesetzt“, berichtet Schäfer.
Die eierlegende Wollmilchsau: Halbschalen mit Drachenprofil
Ein zentral gelegener Schacht wurde zur drei mal vier Meter großen und 3,5 Meter tiefen Baueinziehgrube. Die Überdeckung der Altrohre im Boden beträgt lediglich 0,5 bis einen Meter, was das Einfädeln der GFK-Rohre vereinfachte.
Für die Halbschalen in Abschnitt 1 und 3 wurde ein Drachenprofil gewählt, da dies die Vorteile von Kreis- und Eiprofil verbindet: Dieser Rohrquerschnitt ermöglicht bei Trockenwetterabfluss eine hohe Fließgeschwindigkeit und verbessert die Selbstreinigung. Bei starkem Regen können die Leitungen auch große Wassermengen aufnehmen.
Um das geforderte Gefälle herzustellen, wurden in Abschnitt 1 Halbschalen 1020/200 sowie 890/250 und in Abschnitt 3 die Größe 630/300 eingebaut. Die neuen Eiprofile in Abschnitt 2 haben den Querschnitt 800/1200 und 680/1050.
Mit jedem Rohrstück wurde die Längsneigung weiter aufgebaut. Die jeweiligen Höhen ließ Schäfer per Laser einmessen. Nach Abschluss jeder Haltung prüfte der Auftraggeber KASSELWASSER, ob die Toleranz von höchstens einem Zentimeter eingehalten wurde. „Tatsächlich hatten wir an keiner Stelle Grund für Reklamationen“, lobt Kai Himmelreich, Projektleiter von KASSELWASSER.
Abgefahren und aufgehängt: Formel 1 der Rohrverlegung
Im Allgemeinen werden die Halbschalen in ein Mörtelbett gelegt. Das hohe Gewicht der zwei Meter langen Teilstücke hätte jedoch die exakte Ausrichtung erschwert. So ließ Schäfer in jede Schale sechs Löcher bohren. Die Schalen wurden mit dem speziell angefertigten Fahrwagen möglichst exakt an den Verlegepunkt gefahren, auf Flucht ausgerichtet und über die Löcher mit 20 bis 30 Zentimeter langen Schrauben im Altkanal verschraubt. Anschließend wurden die Hohlräume links und rechts verfüllt.
Eine andere Herausforderung waren die gut 111 Meter des zweiten Abschnitts mit zwei Haltungen, einer Kurve und einem Altrohrzustand III. Hier war ein Rohrrelining erforderlich. Dazu wurden zwei Eiprofile (680/1050 und 800/1200) in einen Ringraum eingesetzt, um den Querschnitt zu reduzieren, das Gefälle anzupassen und den Durchsatz zu erhöhen.
Um auf Anhieb punktgenaue Arbeit abzuliefern, ließ Schäfer einen exakten Verlegeplan erstellen. Nach diesem stellte die Hobas Rohre GmbH, Spezialist für geschleuderte, glasfaserverstärkte Rohrsysteme aus ungesättigtem Polyester in Mecklenburg-Vorpommern, passgenaue Rohre her, die vor Ort zusammengesetzt und eingezogen wurden. Um einen perfekten Bogengang legen zu können, mussten die Rohre in unterschiedlichen Längen von 50 bis 240 Zentimeter gefertigt werden. Nach dem Einzug wurde der Ringraum mit einem Dämmer verfüllt.
Maßarbeit – dann passt auch am Schacht alles
Die Sanierung des zentralen Schachtes einschließlich dem Einbau eines neuen Gerinnes stand am Ende der Arbeiten an Abschnitt 2 und 3: „Exakte Arbeit lohnt sich!“ Schäfer ist sichtlich stolz auf seine zehnköpfige Kolonne: „Weil die Rohrachsen perfekt verlegt wurden, mussten wir am Schacht nichts mehr justieren. Wir haben die Rohre an den Schacht geführt und es passte haargenau.“
Im zuletzt sanierten Abschnitt 1 – der Startschacht liegt am sogenannten „Katzensprung“ dem alten Übergang über den Bach Ahna – mussten, um das Gefälle herzustellen, große Mengen Dämmer eingebracht werden. „In diesem Abschnitt haben wir auf 300 Metern 100 Kubikmeter Beton verbaut“, berichtet Schäfer: „Wir haben Abmauerungen eingebaut und den Beton dann wannenweise in die Rohrsohle gepumpt“. Auch hier wurde die exakte Höhe per Laser eingemessen.
Da alle händischen Kanalarbeiten unterirdisch in bis zu 70 Meter langen Haltungen ausgeführt wurden, wurde der Altkanal während der gesamten Arbeiten belüftet.
Über den
schnellen Abschluss der Arbeiten freuten sich nicht nur KASSELWASSER und
Swietelsky-Faber. „Die Anwohner waren wirklich glücklich und haben sich direkt bei
uns bedankt“, erzählt Schäfer.
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