15.01.2006
Zu jedem der 12.000 deutschen Autobahnkilometer gehört mindestens ein Kilometer Abwasserkanal zur Niederschlagsentsorgung. Ein Teil dieser Infrastruktur ist akut sanierungsbedürftig. Was Kanalsanierung unter laufendem Verkehrsbetrieb bedeutet, zeigte jüngst ein Projekt an der A 65 bei Kandel. Innerhalb von 34 Arbeitstagen und – nächten wurden 5,2 Kilometer Betonkanal saniert, davon 3,3 Kilometer durch Installation eines lichthärtenden Schlauchlinersystems durch die Swietelsky-Faber GmbH, Alzey.
1000 Meter Bestandsaufnahme pro Nacht
Die A 65 führt vierspurig vom Autobahndreieck Ludwigshafen nach Wörth am Rhein. Da für die nächsten Jahre ihre Grunderneuerung geplant ist, wurde im Jahre 2001 durch das LSV Autobahnamt Montabaur als Betreiber der Autobahn eine erste Inspektion der darunter verlegten Beton-Abwasserleitungen DN 300 bis DN 500 veranlasst. Das zutage tretende Schadensspektrum reichte von Versätzen über Längs- und Querrisse bis hin zu Scherben und defekten Anschlussstutzen. Angesichts dieses Befundes wurde vom Betreiber für den Sommer 2005 die Sanierung eines 5,2 Kilometer langen Streckenstücks der A 65 im Bereich Kandel eingeplant.
Vor Sanierungsbeginn musste der Leitungsbestand vor der Sanierung erneut inspiziert werden. Um Verkehrsbehinderungen auf das unvermeidliche Minimum zu beschränken, wurde den Inspekteuren ein Zeitfenster von exakt fünf Arbeitstagen gesetzt. In zehnstündigen Nachtschichten mussten also jeweils rund 1000 Meter Autobahnkanal untersucht und dokumentiert werden. Als Problem erwiesen sich Stahlträger der Schutzplankenpfosten, die beim Bau vereinzelt weit in die Betonrohre hinein gerammt worden waren. Sie mussten als Inspektionshindernis “just in time” beseitigt werden. Der Kamera im Untergrund fuhr deshalb eine Baueinheit der Autobahnmeisterei Kandel voraus, um Planken zu demontieren und eingedrungene Plankenpfosten zu ziehen.
Alternativlos: Grabenlose Sanierungstechnik
Innerhalb von nur 72 Stunden nach der Inspektion erstellte dann die Swietelsky-Faber GmbH, Alzey, ein umfassendes Sanierungskonzept. Eine grabenlose Sanierungsweise war zwingend, weil ein offener Austausch des durchgehend unter dem sehr schmalen Mittelstreifen gelegenen Kanals zu wochenlange Verkehrsbehinderungen geführt hätte.
Kern der Sanierungskonzeption war die Technik des Schlauchlining ganzer Haltungen mit dem lichthärtenden Berolina Liner System. In nicht per Schlauch ausgekleideten Streckenabschnitten sollten partielle Reparaturverfahren zum Einsatz kommen, die durch die Ehnes GmbH, Germersheim, ausgeführt wurden.
Letztlich kamen zur Anwendung:
Glasfasergewebe nach dem sogenannten Hütchen-Verfahren.
Aushärtung durch UV-Licht: Das Berolina Liner System
Das Schlauchlining-Verfahren nach dem Berolina Liner System basiert
auf nahtlosen mehrlagigen Glasfaserschläuchen, die mit einem
photoreaktiven UP-Harz-System getränkt werden. Die jeweils auf Länge und
Nennweite des zu sanierenden Kanals hin konfektionierten Schläuche
bestehen aus parallel überlappenden Bahnen von Glasfasermatten. Durch
das Konstruktionsprinzip der Überlappung “loser” Glasfaserbahnen ist das
Berolina Liner System
sehr flexibel gegenüber Querschnittsveränderungen im Kanal. Die
Schläuche wurden für jede Haltung maßgefertigt, in der Produktionsanlage
mit UP-Harz getränkt und in einer lichtundurchlässigen
Transportverpackung zur Baustelle gefahren. Ein Lichtschutz bei
Transport und Installation ist wichtig, da das photoreaktive UP-Harz auf
UV-Licht in kürzester Zeit mit irreversibler Aushärtung reagiert; beim
Einbau auf der A 65 relativierte sich dies jedoch, da
mit Ausnahme eines einzelnen Tageseinsatzes die Liner ausschließlich nachts eingezogen wurden.
Aus der Transportkiste heraus wurde der Schlauch über den geöffneten
Revisionsschacht in ganzer Länge in die Leitung eingezogen. Dort wurde
er beidseitig verschlossen und durch Druckluft so aufgestellt, dass er
sich der Rohrwand anformte. Der noch ungehärtet im Rohr stehende
Schlauch wurde für wenige Minuten einseitig geöffnet, um einen
UV-Lampenzug mit Abstandhaltern einzusetzen und an ein Strom- und
Datenkabel anzuschließen. Erneut verschlossen, beaufschlagte man den
Schlauch mit 0,5 bar Luftdruck, die ihn faltenfrei an die Wand des
schadhaften Rohrs pressten. Für die Aushärtung des Schlauchs zum
einsatzfertigen Liner sorgte die vom 8 x 400 Watt starken Lampenzug
emittierte UV-Strahlung. Für eine 150 Meter lange Leitung DN 300 dauert
dieser Vorgang etwa 300 Minuten. Unmittelbar nach
Entfernen von Lampen und Absperrkörpern und Abkühlung des Liners waren
die Kanäle prinzipiell wieder einsatzbereit. Allerdings wurden im
Anschluss an die Sanierung die Zuläufe wieder aufgefräst, um die
Funktionsfähigkeit des sanierten Leitung sicher zu stellen. Dazu waren
114 Robotereinsätze nötig.
Baustellensicherheit hatte Vorrang
Im Laufe des Projektes bildete sich schnell ein Projektteam heraus, bestehend aus Dipl.-Ing. (FH) Jens-Uwe Tesch-Veil, dem Leiter des LSV-Autobahnamtes, Baubüros in Wattenheim, Alfred Hüther, Bauwart der Autobahmeisterei Kandel sowie Projektleiter Dieter Rensch von Swietelsky-Faber und Roland Herr, Geschäftsführer der Ehnes GmbH.
In dieser Besetzung wurden alle anstehenden Entscheidungen und
organisatorischen Maßnahmen auf kürzestem Wege besprochen und umgesetzt.
Da der Zeitrahmen mit 34 Arbeitstagen extrem beschränkt
war, konnte man sich Ausfälle ganzer Einsatznächte auf keinen Fall
leisten. Grundsätzlich hat aber bei Arbeiten auf der Autobahn die
strikte Einhaltung von Vorschriften der Baustellensicherung,
Vorrang. So durften für den jeweiligen Bauabschnitt maximal 2000 Meter
Überholspur gesperrt werden. In diesem Bereich agierten im Extremfalle
folgende Fahrzeuge zugleich:
Trotz dieser beengten Verhältnisse wurden einmal sechs Liner von zusammen 300 Meter Länge in einer einzigen Nacht eingebaut.
Modellcharakter für andere Autobahnen
Nachdem das Projekt A 65 am 22.07.2005 pünktlich abgeschlossen worden
war, sprach Albert Herber, Leiter der Swietelsky-Faber-Niederlassung in
Alzey, allen Mitarbeitern und Partnern ein großes Lob für die
geleistete Arbeit aus. Rundum zufrieden mit Abwicklung und Ergebnis
zeigte sich auch LSV-Baubüroleiter Dipl.-Ing. Jens-Uwe Tesch-Veil.
Tesch-Veil sieht in der schnellen und erfolgreichen Maßnahme ein
Vorhaben, das durchaus Pilotcharakter für
andere Autobahnen im Bundesgebiet haben könnte.
Kontakt:
Swietelsky-Faber GmbH
Herrn Dipl.-Ing. Albert Herber
Postfach 1313
55221 Alzey
Tel. 06731 492261
Fax 06731 492264
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